„Das hat aber geknackt“ Was passiert da eigentlich?

„Ist Knacken gefährlich?“ – das wird man häufig gefragt und wenn man manchmal die monströsen Geräusche einiger Wirbelsäulen so hört, könnte man das auch instinktiv denken. Aber: Nein, es ist nicht gefährlich.

Ein amerikanischer Professor hat in voller Überzeugung und Opferbereitschaft, 20 Jahre lang jeden Tag seine Finger knacken lassen und siehe da-> keine außergewöhnlichen Abnutzungserscheinungen.

Warum könnte das Knacken gefährlich sein? Erinnern wir uns an das Flag-System  und false-beliefs. Außerdem müssen wir vom Knacken bei Frakturen differenzieren.

Nicht nur Werner-Schulze-Erdel, sondern auch eine Studie hat 100 Leute gefragt: “ Was denken Sie passiert im Körper, wenn die Wirbelsäule „knackt“ „1

Nur 9% hatten die richtige Richtung erahnt : „Es hat etwas mit Glasbläschen zu tun“.

N=100 ist natürlich nicht sehr viel, aber wenn jemand sagt: “ Es hat geknackt und dann ging es mir besser“ Haben wir vielleicht unsere erste Yellow-Flag entdeckt2

Was passiert denn nun wirklich ?

In einem Experiment wurden bei Probanden alle 10 Metacarpalgelenke (Mittelhandknochengelenke) auf Traktion gebracht und Live mit einem hochauflösenden MRT-Video System mitgeschnitten. Das Signal zwischen den auseinandergezogenen Flächen wurde kurz dunkler, dann beim „Knacken“ gab es einen ordentlichen Sprung zwischen Gelenkabstand und nach lösen der Spannung bildete sich der Signalverlust wieder zurück.

Erklärungsansatz der Autoren:

Tribonucleation3

Zwei Flächen haften in einem mit Flüssigkeit gefülltem Raum aneinander.

Zieht man die Flächen auseinander wirkt die Adhäsionskraft. Ähnlich wie, wenn man zwei Glasplatten mit etwas Flüssigkeit auseinander zieht.

Zieht man die Flächen auseinander kommt man erstmal nicht weit, ab einem Gewissen Punkt wird der Widerstand überwunden und die Flächen entfernen sich sprunghaft auseinander, wie wenn man eine Chipstüte öffnet.

Anschließend Steigt der Unterdruck, die Löslichkeit des Gases reduziert sich und es entstehen Gasblasen. Diese Gasblasen lösen sich ohne zu zerplatzen auf, wenn der Traktionsdruck und damit der Gelenkininendruck abnimmt.

Was nehme ich als Patient mit?

Knacken ist ungefährlich, knacken gehört dazu. Ihre Gelenke gehen davon weder kaputt, noch werden sie geheilt. Es ist nichts draußen, verklebt, blockiert, verrutscht!

Weiteres folgt bald im Artikel DIM´s und SIM´s ( Danger in me) (Safety in me) und Wie entsteht Schmerz?

Was nehme ich als Therapeut mit?

Erklärt den Patienten, was passiert. Erklärt, dass Schmerzlinderung durch knacken durch Reduzierung des Schutzprogrammes im Körper kommen kann, bleibt aber realistisch und erklärt, dass sich physikalisch am Gewebe nichts verändert hat.

Wollt ihr gezielt Placebos setzen, zum Beispiel palliativ, dann nutzt das Knacken als SIM aus.

Das Flaggensystem in der Diagnose

Die Blankoverordnung kommt, der Direktzugang nur eine Frage der Zeit, Ärzte mit immer weniger Zeit. Wichtig für uns Physiotherapeuten ist das Screening. Diagnostisch geschult hilft unser empirisches Know-How schnell zu wissen, wo wir ansetzen müssen. Ein gutes Konzept um uns zu überzeugen, ob überhaupt Physiotherapie indiziert ist, ist das Flaggensystem.

Rote Flagge –

Organische Pathologie, Tumor, Fraktur, Infektion, Cauda Equina // Wenn ihr rote Flaggen erkennt, gibt es nur eine Indikation : Ab zum Arzt!

Orangene Flagge –

Persönlichkeitsstörung, Klinische Depression, Schizophrenie  // Bei schweren Fällen psychotherapeutische Hilfe beantragen

Gelbe Flaggen –

(Aus Lesbarkeitsgründen Pink) Überzeugungen, Glauben, Emotionen, Schmerzstrategien // Für uns sehr wichtig, denn wir können hier mit Erkennung und Kommunikation sehr viel erreichen. Beispiel: unspezifischer Rückenschmerz. Der Patient sagt:  „Mein Rücken ist schwach und gebrechlich“ -> gelbe Flagge; der Patient ist überzeugt:“ Diese Übung wird mir wehtun, Krafttraining wird nur mehr Schmerzen verursachen“ -> gelbe Flagge; „Ich habe Angst, dass das nie wieder gut wird“ -> gelbe Flagge; „Ich mache mir Sorgen um meinen Rücken“ -> gelbe Flagge

Bei Schmerzstrategien geht es darum, dass Patienten oft Dinge nicht mehr tun, weil sie Angst vor dem Schmerz haben. Dadurch fehlt aber der Bildungsreiz und die Struktur bildet sich zurück – „Ich war früher oft im Garten, aber das kann ich ja gar nicht mehr machen, wegen der Schmerzen“-> gelbe Flagge

Aber auch eine negative Konditionierung ist eine gelbe Flagge: „Ich lasse mich immer massieren; ich lege immer Kältepacks drauf; ich nehme täglich IBU“-> gelbe Flagge, denn hier kann das Gehirn negativ assoziieren: Ich wurde nicht massiert -> Schmerzsignal

Gelbe Flaggen müssen erkannt und müssen interveniert werden. Wir müssen dringend darauf achten an dieser Stelle Worte zu finden, die helfen statt Worte, die weiter false beliefs stärken.

Blaue Flaggen

Zusammenhang von Schmerz, Arbeit und Gesundheit

„Ich kann nicht wieder zur Arbeit gehen, die macht mir meinen Rücken kaputt“ -> blaue Flagge. „Meine Mitarbeiter und vor allem mein Chef glauben mir gar nicht, sie machen mich krank“ -> blaue Flagge

Schwarze Flaggen

Systematische Probleme

„Ich kann die Behandlung gar nicht bezahlen“ „meine Krankenkasse übernimmt das nicht“